Wilhelm Krebs
Über die Person Wilhelm Krebs habe ich nur sehr wenige Informationen. Er stammte aus Halle/Saale, wo er wohl zeitlebens wirkte. Wahrscheinlich war er Eisenbahner, da er zu Zeiten, als es noch ein striktes Fotografier-Verbot von Eisenbahnwagen und Lokomotiven gab, Zugang zum Betriebsgelände haben musste und dort bereits hochwertige Bilder anfertigte.
Seine Fotografien gehören zu den frühesten Betriebs-Abbildungen aus dem Gebiet der preussischen Eisenbahnen und datieren zurück bis etwa in das Jahr 1890. Man darf annehmen, dass er etwa zwischen 1865 und 1870 geboren wurde. Die meisten seiner Aufnahmen entstanden im Raum Halle und Magdeburg, aber auch in Leipzig und Hannover.
Dass Wilhelm Krebs bereits zu dieser Zeit, als fotografische Apparate noch Raritäten waren und das Wissen zu deren Bedienung nicht verbreitet war, hochwertige Bilder anfertigte, zeigt sein frühes Interesse an diesem Metier.
Im südlichen Teil des großen Knotenbahnhofs Halle/Saale vor dem Stellwerk „Swt“ (Süd West-Turm) nahm der Meister eine preussische Personenzug-Lokomotive der ursprünglichen Baureihe P4.1 Bauart Hannover mit der Betriebsnummer „Cassel 1829“ auf. Das Bild entstand zwischen 1905 und 1914. Im Hintergrund des Fotos sehen wir die Gebäude der Hauptwerkstätte Halle im ursprünglichen Zustand. Die beiden Lokpersonale haben ihre Lokomotive aufgerüstet und stehen bereit, rückwärts an einen Personenzug Richtung Leipzig, Erfurt oder Kassel ansetzen zu können.
Die unscheinbaren Maschinen waren bereits in der Lage, einen Schnellzug mit 6 großen Durchgangswagen mit 90 Km/h in der Ebene zu befördern.
Auch das prachtvolle Stellwerk verdient einen Blick. Die großartige Ausstattung gibt ein beredtes Zeichen für den Stellenwert der Eisenbahn in jenen Jahren. Fast wie ein kleines Schlösschen ist es reichhaltig mit Architekturelementen verziert, auf dem Dach eine schmiedeeiserne Wetterfahne. Hinter diesem Stellwerk lag das Pendant „Sot“, welches zusätzlich noch einen Uhren-Turm besaß.
Ein weiteres prächtiges Foto zeigt die Personenzug-Lokomotive der preussischen Baureihe P4.1 Bauart Erfurt mit der Betriebsnummer „Magdeburg 603“ im Jahr 1909 in Magdeburg im südlichen Gleisfeld. Die Personale blinzeln in die Abendsonne, ihre Lokomotive wird einen Zug Richtung Hannover, Stendal oder Berlin bespannen. Im Hintergrund die Häuserzeile der Bahnhofstrasse und die Türme des Magdeburger Doms.
Wegen des Seltenheitswertes soll hier auch einmal ein Foto gezeigt werden, welches die vergangenen 110 Jahre nur sehr schlecht überstanden hat. Es zeigt die preussische Tenderlokomotive „T5.2 Magdeburg 6606“ von der linken Seite, sehr wahrscheinlich in Magdeburg um das Jahr 1914. Diese Maschine wurde von Wilhelm Krebs auch noch von der anderen Seite fotografiert, das Bild ist im „Preußen-Report 3“ auf Seite 42 zu sehen. Die Abbildung lässt erkennen, wie sich unsachgemäßes Handhaben alter Fotografien über die Zeit auswirkt: Ein enger Beschnitt des alten Kontaktabzuges lässt kaum etwas von der Umgebung erkennen (ein Bahndamm mit doppeltem Telegrafenmast, eine Gleisfeld-Laterne sowie möglicherweise eine Drehscheibenzufahrt), Hautfett von Fingerabdrücken reagiert mit der Oberfläche der Fotografie, Lagerung an hellen Orten führt zu Nachbelichtung (das Bild wird „flau“ und griesig) und Feuchtigkeit führt zu Flecken.
Da unsicher ist, ob überhaupt noch ein weiterer Abzug dieser Aufnahme existiert, soll es gern hier gezeigt werden: